Sicherheit

Sicherheitsleitfaden für Laseranlagen

Dieser Leitfaden führt Sie – Schritt für Schritt – durch alle relevanten Themen: Recht, Verantwortung, Betrieb, Wartung, Materialgefahren, Notfälle, Dokumentation und Vorlagen. Ziel ist, dass sich Ihr Team 15–20 Minuten fundiert einlesen kann und rechtlich wie praktisch auf der sicheren Seite ist.

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I. Rechtliche Grundlagen (DE/EU)

Primäre Vorschriften

  • ArbSchG – Arbeitsschutzgesetz
  • OStrV – künstliche optische Strahlung
  • TROS Laserstrahlung – Auslegung der OStrV
  • BetrSichV – Betriebssicherheitsverordnung
  • GefStoffV – Gefahrstoffverordnung
  • DGUV Vorschrift 1 & 11 – Prävention / Laser

Normen/Standards

  • DIN EN 60825-1 – Sicherheit von Lasern (Klassifizierung)
  • EN 207 / EN 208 – Laserschutzbrillen
  • EN 12254 – Schutzvorhänge/-fenster
  • TRBS 1201 – Prüfungen von Arbeitsmitteln
  • Maschinenrichtlinie 2006/42/EG – CE-Pflichten
Pflichtkern: Gefährdungsbeurteilung, Bestellung LSB (ab 3R/3B/4), Betriebsanweisung, Unterweisungen, Dokumentation, sichere Arbeitsumgebung (Zutritt, Abschirmung, Absaugung), Prüf- & Wartungsnachweise.

II. Rollen & Verantwortlichkeiten

Rolle Kernaufgaben Nachweise
Arbeitgeber/Betreiber Gefährdungsbeurteilung; Ressourcen & PSA; Zutrittskontrolle; Prüf- & Wartungsplanung; Auswahl befähigter Personen. GBU, Unterweisungslisten, Wartungsjournal, Prüfprotokolle.
Laserschutzbeauftragter (LSB) Umsetzung TROS; Einweisung; Überwachung Schutzmaßnahmen; Zone/Schilder; Vorfälle auswerten; Schulungsplan. Bestellschreiben, Schulungszertifikat, Begehungsprotokolle.
Fachkraft für Arbeitssicherheit Beratung; Prüfintervallfestlegung; Audits; Gefährdungsbeurteilungs-Review. Auditberichte, Empfehlungen, Maßnahmenliste.
Bediener Betriebsanweisung einhalten; PSA tragen; Vor-Start-Check; Vorfälle melden; Wartungspunkte im Rahmen der Befähigung. Unterweisungsnachweis, Tages-Checkliste.

III. Laserklassen – Einstufung & Risiken

Klassifizierung nach DIN EN 60825-1. Sie richtet sich nach Wellenlänge, Leistung/Energie, Strahldivergenz, Expositionszeit und Strahlzugänglichkeit.

Klasse Beschreibung Typische Maßnahmen
1 / 1M Im Normalbetrieb sicher (1M: ohne optische Hilfsmittel sicher). Gehäuse geschlossen halten; Interlocks nicht überbrücken.
2 / 2M Sichtbar; unter 0,25 s reflexbedingt tolerierbar (2M: opt. Hilfsmittel gefährlich). Nicht in Strahl blicken; Kennzeichnung & Unterweisung.
3R / 3B Gefährlich für Auge (auch Reflexion); Hautrisiko (3B). Zutrittskontrolle; PSA; Interlocks; LSB; Betriebsanweisung.
4 Sehr hohe Gefahr; auch diffuse Reflexionen relevant; Brandgefahr. Abschirmung/Kabine; Absaugung; PSA; Brandschutz; strikte Dokumentation.

IV. PSA & Schutztechnik

Laserschutzbrillen (EN 207/EN 208)

  • Wellenlänge passend (z. B. 1030–1080 nm für Faserlaser).
  • Optische Dichte (OD) gemäß Maximalleistung/Pulsdauer.
  • Kennzeichnung prüfen; keine Kratzer/Alterung; Austausch bei Schaden.

Vorhänge/Fenster (EN 12254)

  • Zertifizierte Schutzklasse; Montage spannungsfrei; keine Faltenlöcher.
  • Sichtfenster mit klarer Klassifizierung; regelmäßige Sichtprüfung.

Weitere PSA

  • Feuerhemmende Kleidung, Handschuhe, Sicherheitsschuhe.
  • Gehörschutz bei Reinigungsprozessen (Impulslärm).
  • Atemschutz wenn Absaugung temporär unzureichend (passend zum Schadstoff).

V. Betrieb – Schritt-für-Schritt

A. Vor dem Start

  • Bereich abgesperrt, Schilder/Warnleuchten aktiv, Unbefugte fern.
  • PSA anlegen (Brille/Handschuhe/Kleidung), Absaugung einschalten.
  • Interlocks/Not-Aus getestet; Kühlung/Gase dicht; Schlauchpaket entlastet.
  • Werkstück fixiert; reflektierende Kanten reduziert; Auflage matt.

B. Während des Betriebs

  • Keine Änderungen an Parametern, die die Sicherheit betreffen, ohne Freigabe.
  • Prozess überwachen; Rauchabsaugung nahe Prozesszone halten.
  • Auf Rückreflexionen achten; Strahlaustritt kontrolliert halten.

C. Nach dem Betrieb

  • Laser deaktivieren; Gas/Kühlung geordnet herunterfahren.
  • Bereich lüften; Filterstatus kontrollieren; Abfälle sicher entsorgen.
  • Kurzprotokoll im Betriebsbuch erfassen (Datum, Bediener, Besonderheiten).

D. Service/Einrichtung

  • Nur befugtes Personal; Freischaltung/Lockout-Tagout wenn geöffnet.
  • Strahljustage nur mit EN-208-Brille und reduzierter Leistung.

VI. Gerätespezifische Gefahren, Maßnahmen & Nutzungseinschränkungen

Schweißlaser (stationär, typ. Faserlaser 1 µm)

Typische Gefahren

  • Direkte & diffuse Reflexionen an Metalloberflächen.
  • Schweißrauche (z. B. Cr(VI) bei Edelstahl), Ozon, NOx.
  • Funkenflug/Schmelzspritzer, thermische Belastung; Brandgefahr.
  • Rückreflexion in Faser/Quelle (Zerstörung Optik).

Do

  • Matte Auflagen, Strahlfalle/Absorber einsetzen.
  • Punktabsaugung + geeignete Filter (z. B. W3 bei Schweißrauch).
  • Teile fixieren; Parameter freigegeben; Brandschutz bereit.

Don’t

  • Blank polierte Flächen ohne Abschattung.
  • Überbrücken von Interlocks / Türkontakten.

Hand-Schweißlaser (mobil/halbstationär)

Gefahren

  • Unkontrollierte Strahlaustritte durch Handführung.
  • Stolper-/Kabelzuggefahr; Rückreflexion an Kanten/Rundmaterial.
  • Rauch/Gase; heiße Bauteile; ggf. Impulslärm.

Maßnahmen

  • Nur im abgeschirmten Bereich mit Warnsignal; Sichtschutz/Vorhänge.
  • Düse/Schutzaufsatz korrekt montiert; Werkstück fixieren.
  • Absaugdüse nahe Prozess; Schlauchpaket entlasten/führen.
  • PSA konsequent (EN 207-Brille, feuerhemmende Kleidung).

Nutzungseinschränkungen

  • Kein Betrieb in feuchten/engen Räumen ohne Freigabe.
  • Kein Arbeiten über Kopf; keine ungesicherten Bereiche.

Beschriftungslaser (Markieren/Gravieren)

Gefahren

  • Strahlexposition bei offenen Systemen.
  • Partikel/Gase (materialabhängig toxisch).
  • Fehlfokussierung → Brandflecken/Reflexionen.

Maßnahmen

  • Bevorzugt Klasse-1-Kabine mit Interlock.
  • HEPA + Aktivkohle (z. B. bei Kunststoffen/Lack).
  • Sichtfenster mit zertifizierter Schutzwirkung.
  • Teile ggf. schwärzen/mattieren; Fokus prüfen.

Don’t

  • Betrieb mit offener Tür/ohne Interlock.

Laserreinigungsgeräte (Impuls/Faser)

Gefahren

  • Hohe Pulsenergie → diffuse Reflexionen relevant.
  • Abtrag erzeugt Stäube/Aerosole (ggf. Schwermetalle).
  • Lärm; Partikelabwurf; Gerüche/Ozonbildung.

Maßnahmen

  • Abschirmung/Vorhänge; unbefugten Zutritt verhindern.
  • Hochwertige Schutzbrille passend zu Pulsdauer/Wellenlänge.
  • Absaugung sehr nahe; ideal: geschlossene Arbeitsbox.
  • Brandlast reduzieren; Feuerwache bei Restverschmutzungen.

Don’t

  • Reinigung auf explosiven/brennbaren Schichten.

Laserschneidanlagen (Blech/Rohr; CO₂/Faser)

Gefahren

  • Strahlexposition bei Service/offenem Gehäuse.
  • Funkenflug; Schlacke; Rauch/Feinstaub.
  • Hochdruckgase; bewegte Achsen → Quetschgefahr.

Maßnahmen

  • Einhausung geschlossen; Interlocks aktiv; nur geschulte Personen.
  • Absaugung dimensionieren; Schlackenabtrag; Brandschutz.
  • Gasdichtheit prüfen; E-Stop Wege freihalten; Schutzfenster intakt.

Materialeinschränkungen

  • Chlorhaltige Kunststoffe (PVC) vermeiden → toxische Gase.
  • Verzinkt: Zinkoxid-Rauch – Filter passend auswählen.

VII. Material- & Prozessgefahren

Metalle

  • Edelstahl: Cr(VI) möglich → geeignete Filterklasse; Exposition vermeiden.
  • Verzinkte Stähle: Zinkoxid-Rauch → starke Absaugung/Filter.
  • Aluminium: helle Reflexionen → Mattierung/Absorber.

Kunststoffe/Coatings

  • Halogene (PVC) → Chlorwasserstoff/HCl; nicht schneiden/markieren.
  • Lacke: Lösungsmittel/Partikel → Aktivkohlefilter + HEPA.

Sonstiges

  • Ozonbildung bei UV/kurzwelligen Prozessen → Lüftung.
  • Nebenoptik: schadhafte Linsen/Fenster erhöhen Streulicht.

VIII. Absaugung, Filter & Raumluft

  • Erfassung möglichst nahe an der Prozesszone (Quellennahe Absaugung).
  • Filterauswahl abhängig vom Prozess: HEPA (Partikel), Aktivkohle (Gase), Funkenvorabscheider.
  • Filterzustand überwachen (Druckdifferenz), Wechsel dokumentieren.
  • Frischluftzufuhr und Luftführung (Zugluft vermeiden, Abführung sicherstellen).

IX. Wartung & Prüfintervalle (Detail)

Intervall Umfang Nachweis
Täglich Sichtprüfung Kabel/Schläuche; Interlocks; Not-Aus; Absaugung an/Filterstatus; Kühlmittelstand. Tages-Checkliste
Wöchentlich Funktionsprobe Verriegelungen/Warnleuchten; Reinigung Arbeitsbereich/Optikschutz. Woche-Protokoll
Monatlich Optik prüfen/reinigen; Schlauchpakete/Knickschutz; Filterprüfung/Diff-Druck. Monatsnachweis
Quartal Leistungstest/Kalibriercheck; Achsspiel/Mechanik; Software-/Logbuchprüfung. Kalibrierprotokoll
Jährlich Sicherheitstechnische Gesamtprüfung (DGUV-konform), Schulungsrefresh, GBU-Review. Jahresbericht

Hinweis: Herstellerangaben haben Vorrang; Intervalle ggf. an Nutzung anpassen.

X. Kennzeichnung, Warnung & Zutritt

  • Laserbereich mit Piktogrammen und Klasse kennzeichnen (Türschild, Statusleuchte).
  • Zutritt nur für Unterwiesene; Schlüssel/Code/Badge-System.
  • Betriebsanweisung gut sichtbar; Notfallnummern/Adresse am Zugang.

XI. Notfall- & Erste-Hilfe-Leitfäden

Sofortmaßnahmen bei Vorfall

  • Not-Aus betätigen; Bereich räumen/sperren.
  • Augenexposition: umgehend Augenarzt (Dokumentation des Vorfalls mit Parametern).
  • Brand: Brandschutzordnung folgen; ggf. Feuerwehr rufen.
  • Inhalation von Rauch/Gasen: Frischluft; ggf. Rettungsdienst.

Melde- & Dokumentationspflicht

  • Unfall/Beinaheunfall protokollieren: Datum, Uhrzeit, Anlage, Parameter, beteiligte Personen, Maßnahmen.
  • Ursachenanalyse, Maßnahmenplan, Wirksamkeitskontrolle (LSB verantwortet).

XII. Unterweisung & Schulungsplan

Jährliche Pflichtunterweisung (Empfehlungsstruktur)

  1. Recht/Verantwortung (OStrV/TROS, Rollen, Betriebsanweisung)
  2. Laserklassen & Risiken (inkl. Beispiele aus dem Betrieb)
  3. PSA & Schutztechnik (Auswahl, Pflege, Grenzen)
  4. Geräte-Workflow: Start, Betrieb, Störung, Shutdown
  5. Materialkunde & Absaugung (Rauch/Gas, Filter)
  6. Notfallübungen & Meldesystem
  7. Wissenscheck (Kurztest) + Dokumentation

Nachweise: Teilnehmerliste, Inhalte, Datum, Unterschriften, Verantwortliche Person.

XIII. Muster-Betriebsanweisung (Textbausteine)

Gerät: ____________________   SN: __________   Klasse: ___   Standort: __________

1. Gefahren

Augen/Hautschäden; Brand; Rauch/Gase; mechanische Risiken; elektrische Gefahren; Rückreflexion.

2. Schutzmaßnahmen

  • PSA (EN 207/208), Vorhänge/Fenster (EN 12254), Zutritt, Warnleuchten.
  • Absaugung am Prozess; Filterüberwachung; Brandschutz bereit.

3. Verhalten

  • Nur unterwiesen; Check vor Start; keine Interlocks überbrücken.
  • Bei Störung: Stop, Bereich sichern, LSB informieren.

4. Erste Hilfe

Augenexposition → Augenarzt; Rauchinhalation → Frischluft/Arzt; Verbrennungen → kühlen/medizinisch abklären.

5. Verantwortliche

LSB: ____________________ · Tel: __________ · Gültig ab: ____/____ · Version: ____

Muster-Betriebsanweisung (DOCX/PDF)

XIV. Checklisten & Downloads

A. Vor-Start-Check (täglich)

  • [ ] Bereich gekennzeichnet, Warnleuchte aktiv.
  • [ ] PSA vollständig (Brille, Kleidung, Handschuhe).
  • [ ] Interlocks/Not-Aus getestet; Kühlung/Gase ok.
  • [ ] Werkstück fixiert; Absaugung an (Erfassung nah).

Vor-Start-Checkliste (PDF)

B. Betreiberpflichten (monatlich)

  • [ ] Unterweisungsstand geprüft/aktualisiert.
  • [ ] Filter/Absaugung geprüft, Wechsel dokumentiert.
  • [ ] Wartungen im Journal nachgeführt.

Pflichten-Checkliste (PDF)

C. Wartungsjournal (Vorlage)

  • Datum · Umfang · Person · Bemerkungen · Freigabe.

Wartungsjournal (XLSX)

XV. Häufige Fragen (FAQ)

Welche Brille ist korrekt?

Immer passend zur Wellenlänge (z. B. 1030–1080 nm), Leistung/Pulsdauer und nach EN 207/208 zertifiziert, mit ausreichender OD.

Benötigen wir einen Laserschutzbeauftragten?

Ab Klassen 3R/3B/4 ja (Bestellung, Qualifikation, Aufgaben siehe oben).

Darf ich Interlocks überbrücken?

Nein. Überbrücken ist verboten. Service nur mit Freigabe/Lockout-Tagout und geeigneten Schutzmaßnahmen.

Wie oft unterweisen?

Mindestens jährlich; bei Änderungen/Unfällen zusätzlich.

XVI. Anhang: Glossar, Vorlagen, Quellen

Glossar (Auszug)

  • OD (Optische Dichte): Maß für Dämpfung der Brille; höher = mehr Schutz.
  • Interlock: Verriegelung, die den Laser bei Öffnen deaktiviert.
  • Rückreflexion: Zurücklaufende Strahlung (z. B. glänzende Metallflächen) – Optikschutz beachten.
  • HEPA/AK: Partikel-/Aktivkohlefilter für Feinstaub/Gase.

Vorlagen (Downloads)

Offizielle Stellen

  • DGUV – Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung
  • BAuA – Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
  • DIN/EN – Normen (z. B. DIN EN 60825-1, EN 207/208, EN 12254)

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